“White Ground Black Square” refers to the famous painting of Kasemir Malewitch. Precisely 100 years after its creation, it has been painted on the roof of Academy for Media Arts Cologne in the formation of 1056 squares. By the means of multiplication, the (analogue) black square turns to (digital) pixels that do not only work as an image but also as a machine-readable code.
Installed | Location | GPS: 05-12-2014 | KHM, Kunsthochschule für Medien Köln, Germany | 50.933985,6.9621769
Author | Words | Curator: REMOTEWORDS, quotation of Kasimir Malewitsch | WHITE GROUND BLACK SQUARE | Prof. Dr. Hans Ulrich Reck
Roof Size | Font Size: 456qm | 11m x 22m
On Air: Google Maps 2016
On January 22nd 2015 at the occasion of the 25 years of KHM celebration, the induction of the 25th REMOTEWORDS took place.
INTERVIEW
White Ground Black Square
Achim Mohne and Uta Kopp published in KHM Journal N°2 01/2015
„fabeln und fehler“
Als Kasimir Malewitsch 1915 sein Schwarzes Quadrat auf weißem Grund malte -das streng genommen gar kein Quadrat ist, da zwei Seiten nicht parallel und zwei weitere Seiten nicht gleich lang sind-, ahnte er sicher nicht, welche Bedeutung die geometrische Form 100 Jahre später haben würde. Als Pixel, als kleinste Einheit eines digitalen Bildes und Grundbaustein aller visuellen Digitalität, ist es zudem Teil unseres alltäglichen Lebens geworden: am Computerbildschirm, im projizierten Video, als ausgedrucktes Foto oder auf dem Kamera-Chip. Auch das im optisch-mechanischen Film noch amorphe Film-Korn wird im digitalen Bildprozess durch den elektronischen Chip in quadratisch eingeteilte Felder ersetzt, die als Abtastflächen funktionieren.
Malewitsch war nicht an Funktionalität interessiert, ganz im Gegenteil wollte er die Malerei – und somit die gesamte Bildkunst – von ihrer darstellenden Funktion erlösen. Sein Schwarzes Quadrat stellte eine bis dahin unerreichte Reduktion dar. Bilder dienten ihm nicht mehr als Anweisungen oder Illustrationen, so wie es die religiösen Bilder des Mittelalters taten. Malewitschs Abstraktion wurde zur radikalen Bildverweigerung, indem er, nur scheinbar paradox, „die Bilder“ mit einem Bild bekämpfte. Das schwarze Quadrat ist zu einer „Ikone des Ikonoklasmus“ geworden.
Nachdem das suprematistische Einzel-Quadrat 1915 die Geburt der Konzeptkunst einleitete und kunstgeschichtlich jahrzehntelang nachhallte, ist das Quadrat drei Generationen später zum nahezu unsichtbar in der Masse verschwindenden „digitalen Handlanger“ degradiert. Jedes der täglich in kaum schätzbaren Mengen erzeugten „Picts“ baut sich aus Abermillionen von Quadraten auf – und das nicht nur als „schwarz auf weiß“, sondern in unzähligen Farbvariationen. Alleine die momentane Bildschirmauflösung eines Laptops von 2.880 x 1.800 Pixeln summiert sich zu 4.104.000 Bildpunkten. Der Chip einer aktuellen Smartphone-Kamera bringt fünf Millionen Pixel auf nur wenigen Quadratmillimetern unter. Myriaden von Malewitschs, die jede Millisekunde blitzartig auftauchen.
Auch digitale Schrift besteht aus Quadraten. Das Software Programm „OCR“ (optical character recognition) erkennt die Bilder als Buchstaben, scannt Texte, die nicht digital vorliegen und transferiert diese „Buchstaben-Bilder“ wieder in digitale Codes. Die von REMOTEWORDS verwendete Schrift hat sich diese Konstruktion der Pixelschrift zu Eigen gemacht und sie analog transferiert. Um die überdimensionalen Buchstaben richtig darzustellen zu können, werden die Pixel extrem vergrößert und vor Ort in ein angebrachtes Raster übertragen. Konzeptuell gesehen, gleicht dadurch das auf dem Dach angebrachte Raster einem mikroskopischen Blick auf die Oberfläche eines Computermonitors.
Der Blick aus der digitalen Vogelperspektive, auf Google Earth, macht die reale Einschreibung in die Stadtlandschaft als virtuelles Bild sichtbar. REMOTEWORDS verbindet Land Art – in der Tradition der fast zweitausend Jahre alten Geoglyphen von Nazca – mit digitalen Formen der Kommunikation und versucht eine Neubetrachtung künstlerischen Agierens unter heutigen globalen Voraussetzungen medialen Sehens.
White Ground Black Square ist von Malewitschs Titel abgeleitet. Für REMOTEWORDS stellen die Erdoberfläche und ihre Städte, die Freiflächen in Form von Dächern oder Plätzen beherbergen, den „white ground“ dar. Die virtuellen Globen sind ein neues Medium, in das sich REMOTEWORDS parasitär einschleicht und die es subversiv nutzt. Die digitale, globale Vermittlung der Freiflächen wird zum konstitutiven Faktor in Bild und Schrift zusammengeführt. Denn nur über das virtuelle Medium kann das Scannen, das Auslesen der angebrachten Botschaft erfolgen: Schrift und Sprache erscheinen als Bild der Erde von oben auf den Satellitenbildern. Ein Novum bei dieser Umsetzung aus der Serie REMOTEWORDS auf dem Dach der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) ist der Einsatz eines „Ikon“. Der QR-Code aus 23 x 23 (529) Quadraten ist nicht nur ein Verweis auf Malewitsch, sondern auch auf das Logo der KHM, das zu deren Gründung vor 25 Jahren von dem Designer Uwe Lösch entwickelt wurde. Die Pixelung einer Seite des Malewitsch-Quadrats steht hier symbolisch für die digitale Erweiterung der Künste.
Der QR-Code ist wie alle Strich- und Barcodes entwickelt worden, um Prozesse der Wirtschaft und des Konsums effizienter zu machen. Er ersetzt den handgeschriebenen Preis, später die Etikettierung des einzelnen Produktes. Der Laserstrahl liest schneller als die Kassiererin eintippen kann, Preise können innerhalb von Sekunden geändert werden und müssen nicht aufwändig neu etikettiert werden. Der QR-Code ist aber auch eine Analogie für die Funktionsweise digitaler optischer Darstellungen. Das auf den Chip projizierte und in einen linearen Text verwandelte Bild wird beim Ausdruck eines Fotos wieder in Form unzähliger Quadrate als Bild zurückgeführt.
Bei der Anbringung des QR-Codes auf dem Dach der KHM wurde diese Abtastung performativ erfahrbar: 23 Reihen mit je 23 Quadraten, jedes 48 x 48 cm, 529 Quadrate gesamt, mussten mit „weiß“ oder „schwarz“ gekennzeichnet werden, in linearer Abfolge von oben links nach unten rechts. Die Mitarbeiter wurden dazu wie ein riesiger, menschlicher Drucker instruiert, Reihe für Reihe das vorgegebene Bild aufzubauen.
Weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, weiß, weiß, schwarz, weiß, schwarz, schwarz, schwarz, weiß, schwarz, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, weiß, schwarz, weiß, schwarz, schwarz, schwarz, schwarz, weiß, weiß, …
Somit ist der Code gleichermaßen Bild, Malerei, aber auch, apparativ erkannt, codierter Text, der zudem eine referentielle Funktion erfüllt: Das als „Mobile Tagging“ bekannte Verfahren erlaubt hier eine Verlinkung auf die Website der KHM.
Wie alle REMOTEWORDS schläft auch dieser Code, bis er von den Satelliten entdeckt wird und dann bei Google, Apple, Bing und anderen Navigationssystemen seine Funktion erfüllt.